Große Sängerpersönlichkeiten machen die von ihnen auf der Bühne verkörperten Figuren durch ihr Charisma noch größer, als sie laut Libretto und Partitur sind. Rachel Willis-Sørensen, die wir an der Bayerischen Staatsoper als Verdis Desdemona erleben, besitzt dieses besondere Bühnen-Gen, durch das man eben nie nur ihrer edel gerundeten, herrlich aufblühenden Sopranstimme lauscht, sondern stets auch einer intensiven Darstellerin zusieht. Im Gespräch am Mittag nach der Vorstellung betont sie, wie sehr es ihr um die Ehrlichkeit des Ausdrucks und Natürlichkeit auf der Bühne gehe. „Ich denke während der Vorstellung zu 95 Prozent über den Text nach, versuche die erste zu sein, die einen Satz sagt oder singt.“ Und die perfekt Deutsch sprechende Amerikanerin ergänzt auf Englisch, weil ihre Muttersprache den Gedanken hier so präzise auf den Punkt bringt: „mean what you say, say what you mean“.